Ausgelöscht – Mord und Totschlag
Der Norden mordet
Krimifrauen aus dem hohen Norden lassen Leserinnen in Deutschland nicht kalt
Zwischen WG-Kühlschrank und Frauenpower. Maj Sjöwall und Per Wahlöö begannen bereits in den 60ern nordischen Freigeist in konventionstreue Gehirne zu pflanzen und benutzten dazu geschickt das Genre der Kriminalliteratur. Schließlich erreichten sie damit eine breite Masse potentieller Leser. Das Konzept ging auf. Ihr Protagonist heißt Martin Beck, der gemeinsam mit seinem Team für Aufklärung sorgt. Sympathisch und aufmüpfig, fehlbar und ärgerlich, so präsentiert sich der Kommissar seinen Lesern. Die marxistisch geprägte Grundhaltung der beiden Schöpfer ist gerade in den letzten Romanen der zehnbändigen Reihe – in Deutschland bei Rowohlt erschienen – unüberlesbar. Ihre Romane treffen den Geist einer Zeit, in der sich die Jugend nach unkonventionellen, die gesellschaftlichen Rahmen sprengenden Lebensformen umsieht, politisch aktiv und aufrührerisch für Wandel einsetzt, enge Welt und Konvention durch Freiheit der Andersdenkenden ersetzen will. Wer lange Haare hatte, in wilder Ehe lebte und den WG-Kühlschrank bestückte, der kannte auch Martin Beck. Weiterlesen
Mimis kleine Krimigeschichte
Der Krimi in einer Geschichte voller Leidenschaft
Wenn die Mimi mit dem Krimi ins Bett ging, hat sie zu keiner Zeit nur Jerry Cotton und Edgar Wallace gelesen. Für Mimi und viele andere gehört der Krimi zur Lieblingslektüre mit äußerst breitem Spektrum. Die Zahl derer, die regelmäßig im Schatten fiktiver Detektive, Polizisten und Hobbykriminologen die heiße Spur zur Lösung des Verbrechens verfolgen, ist erstaunlich hoch, steht der Krimi doch nach wie vor auf Platz 1 der Leserstatistiken – Tendenz der Krimisüchtigen: steigend. Die Struktur der Leserschaft ist dabei so bunt gemischt, wie das Genre selbst, das neben Groschenromanqualitäten bis hin zu Hochliterarischem alles zu bieten hat. Weiterlesen
Mimis Verhöre: René Appel
Ein Interview mit dem niederländischen Krimiautor
René Appel, Jahrgang 45 gehört zu den bekanntesten Autoren des niederländischen Kriminalromans. Seine Krimis sind anders …. spannend, bedrückend und berühren unser Innerstes, weil sie immer wieder von Menschen berichten, die wir selbst sein könnten; von solchen, die neben uns im Büro sitzen, beim Bäcker die Brötchen holen oder unsere Kinder unterrichten. Sie lassen uns nicht los, seine Geschichten. Zunächst Lehrer und Dozent für Sprachwissenschaften, rezensierte Réne Appel beim NRC Handelsblatt die Krimis seiner zukünftigen Kollegen, bis er schließlich Ende der 80ger Jahre selbst zur Feder griff. Inspiriert wurde er von Autorinnen wie Ruth Rendell und Patricia Highsmith. Leider sind nur insgesamt vier Romane und zwei Kinderbücher von ihm ins Deutsche übersetzt. Es bleibt zu hoffen, dass es weitere pfiffige Verleger geben wird, die auf diesen Autoren aufmerksam werden. Für Einseitig.info hatte Marie van Bilk die Gelegenheit, den Autor zu seinem Werk zu befragen. Weiterlesen
Missetat in niederen Landen – Teil 1
Eine kleine Einführung in den niederländischen Kriminalroman
Ivans – Geoffrey Gill blickt durch. Jakob van Schevichaven liebt das Schreiben. Der Jurist mit Sinn für Mord und Totschlag – oder vielmehr deren Aufklärung – gilt als Begründer der niederländischen Kriminalliteratur. Was vorher seinen Schreibtisch verlässt, liest sich nüchterner: Es handelt sich um juristische Fachliteratur, geachtet, geschätzt, sogar übersetzt. Die Leserschaft seiner Detektivromane dürfte dennoch wesentlich größer gewesen sein. Erst nachdem Jakob als erster professioneller Detektivromancier beginnt, nehmen sich andere Schriftsteller ein Beispiel an seinem Erfolg und versuchen es, ihm gleich zu tun. Er gilt als großes Vorbild innerhalb des Genres. Bis er jedoch auf der Bildfläche auftaucht, gibt es viele Übersetzungen von Kriminalromanen aus dem angloamerikanischen und französischen Raum, aber nicht einen „Misdaadroman“, der Erfolg beim niederländischen Publikum hat. Man liest Poe, Doyle und Gaboriau. Jakob van Schevichavens Fußstapfen sind groß und so gelingt es erst in den 1930ger Jahren einem Mann mit Namen Hendrikus Franciskus van der Kallen ähnlichen Ruhm zu erlangen. Weiterlesen
Missetat in niederen Landen – Teil 2
Eine kleine Einführung in den niederländischen Kriminalroman
Die Niederlande sind multikulturell geprägt. Das liegt nicht zuletzt an der kolonialen Vergangenheit, der Reisefreudigkeit und Handelstätigkeit dieses Volkes. Das macht sich auch in der Literatur, insbesondere auch im Krimigenre bemerkbar. Autoren wie Ivans, Havank und Joop van den Broek verarbeiten ihre Reiseerfahrungen in ihren Romanen. So auch der in Deutschland populäre Autor Robert Hans van Gulik, mit dessen Geschichten um den Chinesischen Richter Di der Diogenes Verlag ansehnliche Umsätze macht. Wer im übrigen Gulik liest, verrät kriminalliterarische Leidenschaft. Seine Bücher haben ihre Eigenheiten und verlangen Liebhabern von Sherlock Holmes & Co. einen unvoreingenommenen Blick auf ungewohnte Leseperspektiven ab, selbst wenn die Methoden der Helden sich gelegentlich gleichen. Weiterlesen
Missetat in niederen Landen – Teil 3
Eine kleine Einführung in den niederländischen Kriminalroman
Niederländische Krimis sind das Lesen wert. Die Auswahl scheint schier unbegrenzt und unsere Mimi kann wiederholt betonen, dass die Übersetzung – nicht nur ins Deutsche – lohnt. Manch Bestseller verbirgt sich hier, dem nur das nötige Marketing fehlt, dem es jedoch oft weder an sprachlicher Finesse noch an Spannung mangelt. Mindestens hat er das Eine oder das Andere. Wahrlich eine Schande, dass Verlagen diese Kleinode entgehen. Doch genug der Schelte – es gibt positive Ausnahmen: Eine dieser Ausnahmen bildet der Grafit-Verlag, der einige interessante niederländische Kriminalautoren in sein Programm aufgenommen hat. Sie verdienen durch die Bank eine Erwähnung, wenn sie auch nur einen Bruchteil des neuen, gegenwärtigen niederländischen Kriminalromans widerspiegeln und man dem Verlag nur empfehlen kann, in diesem Bereich weiter zu recherchieren und vor allem zu publizieren. Weiterlesen
Weniger ist manchmal mehr
Horst Eckerts zehnter Kriminalroman „Sprengkraft“ ist erschienen
Nach Nine Eleven und den Anschlägen in London und Spanien wird auch in unseren Medien in regelmäßigen Abständen von der Gefahr geredet, die von radikal-islamistischen Gruppierungen ausgeht. Und nicht nur Innenminister Schäuble rechnet gerade im Wahljahr mit der Verwirklichung des Terroralbtraums. Kofferbomber, die Regionalzüge in Koblenz und Dortmund in die Luft jagen wollten und der aktuelle Prozess gegen die Sauerlandgruppe zeigen, der Terror ist längst da und er ist wie überall auf der Welt, trotz aller Sicherheitsbemühungen, unberechenbar. Denn entgegen der allgemeinen Vorstellung, Terroristen schlössen sich einer militanten Gruppe wie der El-Qaida an und folgten den Vorgaben ihrer Führer, bilden sich kleine, regionale Verbände gewaltbereiter Religionsfanatiker und planen ihre Verbrechen, ohne, dass die Distributoren des Hasses und fundamentalistischen Ideologen sie dazu auffordern müssten. Ein Verein mit ungeschriebenen Aufnahmeregeln also oder einer mit ausgesprochen ehrgeizigen Mitgliedern, denen es um mehr als nur ein Lob ihrer Idole geht, sondern um das himmlische Glück schlechthin und die Durchsetzung der, aus ihrer Sicht, einzig existierenden göttlich legitimierten Glaubensgemeinschaft. Den Anspruch der „einzig wahren Kirche Gottes“ haben im übrigen viele Religionen und nicht wenige ihrer Anhänger haben sich deswegen schon gegenseitig die Köpfe eingeschlagen. Dass das heute noch möglich ist und der Körper eines Menschen gerade von Religionen noch nicht als „Heimstatt seines personalen Selbst“, wie Dieter Schwanitz es in „Das Shylock-Syndrom oder die Dramaturgie der Barbarei“ bezeichnet, respektiert und gehütet wird, ist bei allem Verständnis für jede einzelne, nicht zu begreifen. Genauso wenig zu begreifen ist für viele der weltweit existierende Rassismus und die emotional ausufernden, angstbesetzten Forderungen nach Integration, die in vielen Ländern eher einer Assimilation ähnelt. „Werdet wie wir“, heißt es und wer nicht „wie wir“ wird, gehört automatisch nicht dazu. Man hört ihm vor allem nicht mehr zu. Um Grenzverletzungen unterschiedlicher Manier und um viele taube Ohren geht es in Horst Eckerts zehntem Kriminalroman „Sprengkraft„. „Was wäre, wenn die Bombe zündet?“ fragt sich der Autor und macht gleich einen ganzen Rundumschlag. Er thematisiert Terrorgefahr, Hass, Rassismus, „the clash of civilizations“, Islamkritik, Verführbarkeit, Korruption bei Gesetzesmachern und -hütern und die Bestechlichkeit der Medien. Ein weites Feld und zugleich die Krux des Romans. Weiterlesen