Düsseldorf, die reiche Stadt wird ärmer

Zum Ende einer Institution, dem Sternverlag

 von Dirk Jürgensen …

Noch nie hat mich die Nachricht über die bevorstehende Schließung eines Geschäfts so sehr wie diese geschockt. Das Ende des Sternverlags zum März 2016 bedeutet das Ende einer Düsseldorfer Institution, die das Leben vieler Menschen mitgeprägt und ein Leben lang begleitet hat. Brauchte man einst ein Buch, das der ebenfalls längst geschlossene kleine Buchhändler im Quartier nicht vorrätig hatte, lautete die unvermeidliche Frage: Warst du schon im Sternverlag?

Sternverlag - ©Foto: Jürgensen - Düsseldorf

Sternverlag – ©Foto: Jürgensen – Düsseldorf

Als die Schreibwarengeschäfte und Buchläden im Stadtteil schlossen, besorgte man die Schulbücher im Sternverlag. Jetzt, da ich längst keine Schulbücher mehr brauche, ist der Sternverlag immer die erste Anlaufstelle, wenn mir nicht einfällt, welches Buch ich denn verschenken oder selber lesen sollte. Eine ach so angesagte Mayersche, die nichts als ein großer Schnickschnackladen mit ein paar frontal präsentierten Bestsellern ist, kann all die Anregungen nicht bieten, die der Sternverlag bietet und leider bald bot. Und Amazon hat noch keine Möglichkeit gefunden, die Haptik eines Buches am Rechner zu simulieren.

Mit dem Sternverlag verliert Düsseldorf wieder einmal ein großes Stück seiner einst so markanten Einzelhandelsgeschichte. Ketten beherrschen auch in dieser Stadt den Markt und machen es völlig unerheblich, in welcher Stadt man sich gerade bewegt, um einzukaufen.

Der Sternverlag bedeutet die so notwendige Einzigartigkeit und ist hervorragend geeignet, Fremden und Neudüsseldorfern als Besonderheit präsentiert zu werden. Sucht man einen Laden, der Literatur nicht nur bestellt, weil er ein beschränktes Spezialsortiment oder nur die üblichen Vertreter verschiedener Bestsellerlisten vorrätig hat, sucht man einen Laden, weil man sein Buch eben nicht im Internet bestellen, es vor dem Kauf berühren und darin blättern möchte, hat man im Sternverlag eine große Chance fündig zu werden.

5000 Quadratmeter Verkaufsfläche sind für einen Buchhändler gigantisch, heutzutage kaum mit Gewinn zu bewirtschaften, dem Investorenwohl ein Graus. Die wirtschaftliche Vernunft schlägt auch hier einmal wieder zu. Die kulturelle Vernunft zählt nicht in der Gegenwart, sondern erst morgen – sie kommt in keinen Quartalszahlen vor. Vor Ablauf des nächsten Quartals ist der Laden zu.

Es geht nicht nur um den einen Buchhändler. Der Sternverlag ist für viele Düsseldorfer der einzige Grund, die Friedrichstraße aufzusuchen. Natürlich ist das ein Teil des Problems. Läge das Geschäft auf der viel stärker frequentierten Schadowstraße, sähe die Geschichte wahrscheinlich anders aus. Unweigerlich wird die Schließung des Sternverlags weitere Schließungen nach sich ziehen, weil der Straße der Leuchtturm verloren geht. Im kommenden Jahr wird diese Entwicklung dramatisch, da die Straßenbahn unter die Erde verlegt wird und somit kein Sichtkontakt nach draußen mehr besteht, der Spontanausstiege möglich macht.

Das ist der Lauf der Zeit. Das muss man hinnehmen. Die Stadt verändert sich, wie sich auch die Einzelhandelsstruktur verändert. So sprechen die „Vernünftigen“ unter uns. Doch ist es immer wieder eine Schande, wenn die Zukunft ärmer und langweiliger als die Gegenwart wird. Das sollte man dann doch nicht immer so einfach hinnehmen.

Im niederländischen Maastricht führen die Mitarbeiter einen der schönsten Buchläden Europas, der dennoch von der Schließung bedroht war, mit Erfolg weiter. Sie konnten ihn über eine Crowndfounding-Aktion retten. Schade, dass die Utopie bei uns einen so schlechten Ruf hat.

Würde sich in Düsseldorf eine ähnliche Initiative gründen, wäre ich sofort dabei!

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