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Max Frisch – Entwürfe zu einem dritten Tagebuch

von Maria Jürgensen (Marie van Bilk) ...
Max Frisch – Entwürfe zu einem dritten Tagebuch

Max Frischs „Entwürfe zu einem dritten Tagebuch“ knüpfen an die beiden legendären Tagbücher, die 1950 und 1972 erschienen an. Allerdings haben sie wenig mit der üblichen Form eines Tagebuchs zu tun. Max Frisch schreibt sie von Anfang an für ein Publikum. Und das merkt man selbstredend. In diesem Band geht es um den Kalten Krieg, um andere politische Fragen der 80er Jahre, den Krebstod eines engen Freundes, das Altwerden und sein Verhältnis zu Frauen.

Ich muss gestehen, dass mich diese Eintragungen relativ kalt gelassen haben, zumal ich bereits andere Tagebücher berühmter Personen las. Darunter Susan Sontag oder Astrid Lindgren, die ebenfalls viel über ihre Zeit, aber auch über sich selbst preisgeben. Für mich wurden dadurch Zeit und Person greifbar und ließen mich bereichert zurück. Max Frisch erlebe ich anders. Beobachtend, kühl, außen vor und selbst in seinem Bezug zum kranken Freund, dem er zweifellos zur Seite steht, seltsam abwesend.

Ich mag ihm hier absolut Unrecht tun. Aber so recht warm werde ich mit ihm nicht.

© Marie van Bilk/Maria Jürgensen – Veröffentlichungen, auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

Für alle hier besprochenen Bücher gilt: Unterstützt möglichst den lokalen Buchhandel!

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Susan Sontag – If Consiousness is Harnessed to Flesh – Diaries 1964-1980, herausgegeben von David Rieff

von Maria Jürgensen (Marie van Bilk) ...

David Rieff hatte zwei große Taschen mit Tagebuchaufzeichnungen, die er sichtete und aus denen er exemplarisch für die zu veröffentlichenden Tagebücher seiner Mutter – Susan Sontag – auswählte. Nun stellt allein die Auswahl bereits einen Eingriff in die autobiographischen Stücke dar. Außerdem erhält der Leser in der Tat nur lose Puzzle-Teile, die er zu einem individuellen Wahrnehmungsbild verschmelzen lassen kann.

Susan Sontag – If Consiousness is Harnessed to Flesh

Manche Stellen des zweiten Bandes von Susan Sontags Tagebüchern sind schwer zu ertragen. Es sind meist solche, in denen sie über ihre Liebesbeziehungen spricht. Manchmal möchte man sie wecken, sie fragen, warum sie als eine sonst überaus analytische Frau in anderen Situationen so blind für das Offensichtliche ist. Nun. Jeder lebt sein Leben – with all its obstacles and difficulties.

Zwischendurch dachte ich: „Jetzt hast Du aber genug von Sontag!“, zumal sich aus der Lektüre parallel weitere ergaben: Hustvedt denkt ein Essay von Sontag weiter. Didion, Oates, Solnit oder Taubes fließen als (Re-)reads in meine Hände. Die Mutter von Fran Lebowitz taucht auf. Über L. habe ich gerade eine wunderbare Doku gesehen.

Kurz: Sontag-Lektüre (über und von) motiviert. Ihre Essays tun genau das, was Essays tun sollen. Sie sind inspirierend fürs eigene Hirn. Ich bin nicht mit allem einverstanden, manches langweilt, anderes interessiert mich nicht, aber die Essenz fesselt.

Habe noch nie so viel parallel gewollt beim Lesen. Das ist toll, erfüllend.

© Marie van Bilk/Maria Jürgensen – Veröffentlichungen, auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

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