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Juli Zeh – Spieltrieb

von Maria Jürgensen (Marie van Bilk) ...
Juli Zeh – Spieltrieb

Sie hat einen Hang zum Verbotenen, so scheint es. Die Protagonistin Ada ist Schülerin an einem Gymnasium in Bonn. Sie gilt als Außenseiterin, ist intelligent und provokant. Dass sie sich überlegen fühlt, lässt sie ihr Umfeld spüren und legt sich mit dem Geschichtslehrer an. Sie schließt Freundschaft mit Olaf, einem Mitglied der Schülerband. Als sie diesen jedoch bloßstellt, zerbricht das Band zwischen ihnen. In ihrem zweiten Jahr auf dem Gymnasium erscheint ein neuer Mitschüler auf der Schule. Sie schließt sich dem drei Jahre älteren Alev an, bewundert ihn und liest, was er ihr an Lektüren weitergibt. Dazu gehört auch Material zur Spieltheorie, einer mathematische Annahme, bei der Entscheidungsituationen modelliert werden, in denen Teilnehmer miteinander interagieren. Ziel dieser Theorie ist es, Entscheidungen von Personen in Konfliktsituationen vorauszusehen. Ihr Experimentierfeld ist bald abgesteckt. Sie vergehen sich am Deutsch- und Sportlehrer Smutek, der Ada schon eine Weile allein beim Laufen begleitet. Ada hat dessen Frau vor dem Selbstmord aus einem See gerettet und wurde von Smutek anschließend nackt in eine warme Wanne gelegt. Ada verführt Smutek und das wöchentliche Stelldichein wird von Alev fotografisch dokumentiert. Smutek wird von Ada und Alev erpresst. Doch es kommt anders als gedacht.

Böse Bonny and Clyde-Geschichte. Leseempfehlung!

© Marie van Bilk/Maria Jürgensen – Veröffentlichungen, auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

Für alle hier besprochenen Bücher gilt: Unterstützt möglichst den lokalen Buchhandel!

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Juli Zeh – Nullzeit

von Maria Jürgensen (Marie van Bilk) ...

Juli Zehs Roman „Nullzeit“ spielt auf der Urlaubsinsel Lanzarote. Berichtet wird einmal aus der Perspektive eines Tauchlehrers und aus der einer Urlauberin, die bei ihm und seiner Frau, die dort seit über einem Jahrzehnt gemeinsam eine Tauchschule mit angeschlossener Pension betreiben, Ferien macht. Die Urlauberin und ihr Mann verlieren sich in zerstörerischen Kämpfen. Der Tauchlehrer ergreift Partei und verliebt sich in die Urlauberin.

Juli Zeh – Nullzeit

Im Verlauf des Romans weichen die beiden Perspektiven – die Erzählung des Tauchlehrers und die Tagebucheintragungen der Urlauberin – immer mehr voneinander ab. Wir wissen nicht mehr, wer von beiden die Wahrheit erzählt.

Glänzend aufgebaut, spannend erzählt. Dicke Leseempfehlung!

Ergänzung und weil‘s mich so oft ärgert: Manch KritikerInnen vergreifen sich an Texten von Juli Zeh und lästern, es handele sich nicht um Literatur. Mir ist das ziemlich schnurz. Als ehemalige Buchhändlerin habe ich immer schon alles gelesen, was mir unter die Finger kam. Es galt, gut ist, was mir gefällt und das änderte sich, je nach Befindlichkeit, Alter und Lektüreerfahrung. Zwar gibt es auch bei mir gewisse Grenzen – wenn eine/r allzu sehr in die Klischee-Kiste greift, zum Beispiel – oder das Buch und ich einfach kein Paar werden wollen, ich mich nicht berührt fühle oder wenn es zu sehr aus der Zeit fällt, also beispielsweise ein Frauenbild wiedergibt, das mir gegen den Strich geht. Aber, wie Arno Geiger betont, man muss „mehr Alltägliches lesen, Zweitrangiges, Vorläufiges, Verworfenes“ und „das Alltägliche und Beiläufige zeigt uns … eher so, wie wir sind, nicht so wie wir gerne wären. Das Raue tritt in den Vordergrund, das unvermittelt Ehrliche, das Verzweifelte, das Niederträchtige, das Zärtliche, vermischt mit Unbeholfenheit“. Das hat mir sehr gefallen.

Juli Zehs Bücher bleiben dicht am Menschen. Ja, auch sie sind komponiert, bewusst konstruiert, auf ein Ziel aus und daher hinkt der Vergleich etwas. Was ich meine ist, es ist unnötig, Geschriebenes stets nur am Erreichen stilistischer Brillanz und Originalität zu messen. Nicht immer erfasst Hochliteratur, was Menschlichkeit ausmacht, verliert sich im intellektuellen Herumspinnen, liebt die Form mehr, als den Inhalt. Ja, Sprache kann LeserInnen Spaß machen. Das Handwerk kann begeistern. Ich schaue einer/m AutorIn gerne beim Jonglieren mit Worten zu. Die Geschichte aber, die erzählt wird, ist mindestens genauso wichtig. Dass mich ein Text im Innersten erreicht und in einen Dialog mit mir tritt. Hochgeistiges lässt viele Menschen zurück und es ist ein Unding, dass sich jene, die sich hier zugehörig fühlen, die die Techniken und Sprache dieser sogenannten Elite beherrschen, über alle anderen erheben. Wo ist ihre Fähigkeit zum Gespräch, zur Weitergabe ihres Wissens, über die üblichen Grenzen hinaus? Warum sehen sie nur Fehler, wo auch Essenz ist? Und warum ist ihre Sprache die alleinseeligmachende?

© Marie van Bilk/Maria Jürgensen – Veröffentlichungen, auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

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