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Doris Dörrie – Die Heldin reist

von Maria Jürgensen (Marie van Bilk) ...

In den 80ern kam mir Doris Dörrie mit ihrem Film „Männer“ unter. Eine Komödie ohne sonderlichen Tiefgang, aber amüsant, für damalige Verhältnisse rasant und – vor allem – von einer Regisseurin gemacht. Ich habe einige ihrer Bücher mit viel Vergnügen gelesen, darunter „Leben, Schreiben, Atmen“ – ein Buch über das Schreiben.

In „Die Heldin reist“ beschreibt sie, wie es ist, als Frau auf Reisen zu gehen. Sie erzählt zunächst vom Muster der „Heldenreise“, das vielen Romanen und Filmen zugrunde liegt.

Doris Dörrie – Die Heldin reist

Der Held – es ist meist ein Mann – verlässt die heimischen Gefilde, gerät in Verstrickungen, Kriege, Kämpfe, Abenteuer, erlegt den „Drachen“, rettet die Maid und kehrt siegreich nach Hause zurück. Dörrie fragt sich, was passiert denn, wenn eine Frau sich auf den Weg macht? Wie unterscheidet sich ihr Reisen von eben diesem Konstrukt?

Manch eine Geschichte, die sie erzählt, berührt mich sehr. In einem Interview mit den NDR hat Doris Dörrie gesagt: „Ich glaube, dass Geschichten von Frauen nicht so singulär funktionieren, dass Frauen doch eher vernetzter im Kollektiv agieren, dass sie auch diese Rettungsfantasie der Welt nicht mitschleppen, sondern dass es um andere Dinge geht. Dieses auf das Podest gestellt zu werden, mit Lorbeer umkränzt zu werden, als alleiniger großer Held nach Hause zurückzukehren – das ist, glaube ich, eher eine männliche Art und Weise, sich in der Welt fortzubewegen. Das sind die Geschichten, die wir so über Männer erzählen. Ich habe das Gefühl, wir Frauen können anders erzählen und tun es auch.“

Und so erzählt Dörrie anders. Von ihrer Liebe zu Japan und den Grenzen, die dieses Land seinen BewohnerInnen setzt. Sie berichtet von ihrer Begegnung mit einer Japanerin beim Baumkuchen-Essen, die lange in Deutschland lebte und ihre ganz eigene Erfahrungen mit Frausein gemacht hat. Als dicke Japanerin zuhause noch mehr geächtet, als im ebenso figurfeindlichen Ausland, unglücklich verliebt in einen promiskuitiven Mann, ausgenutzt durch ihn und seine Familie kämpft sie ihren ganz persönlichen Kampf und findet gegen alle Widrigkeiten ihr ganz persönliches, kleines Glück. Dörrie berichtet von ihren Aufenthalten in Kalifornien, ersten Lieben, vom Verlust ihres an Krebs erkrankten Mannes, von Gewalt in einer ihrer Partnerschaften. Vom Schweigen. Vom Reisen ins Atlasgebirge mit einer Freundin, von Marrakesch, San Francisco und Marrakesch. Sie berichtet über Begegnungen mit Fremdheit und Nähe, vom Alleinsein in unbekannten Straßen und von der Gemeinschaft unter Frauen.

Ein sehr persönliches, herrlich geschriebenes Buch, das ich mir ans Herz drücke und hüten werde. Und wieder ziehe ich vor dieser Frau meinen Hut.

Gut gemacht!

© Marie van Bilk/Maria Jürgensen – Veröffentlichungen, auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

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