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Benjamin Moser – Sontag. Her Life.

von Maria Jürgensen (Marie van Bilk) ...

„Sontag“ von Ben Moser: 700 pralle Seiten mit Information zu Susan Sontag, einer Frau, über die man den Stab brechen kann. Denn leicht hat sie sich ihr Leben nicht gemacht, war im Umgang sowohl herzlich, als auch unerträglich brutal, glänzte durch Großzügigkeit und Einsatz genauso wie durch Skrupellosigkeit und Überheblichkeit. Schillernd bemitleidenswert.

Benjamin Moser – Sontag. Her Life.

Benjamin Moser fasst zum Ende des Buches ihre Verdienste zusammen. Sinngemäß: Sontags Leben und Werk zeigen, wie instabil selbst so große Worte wie Sozialismus, Kunst und Demokratie sein können. Sie zeigte wie empfindlich das amerikanische Selbstverständnis war. Sie war bei der Revolution in Kuba zugegen und als die Berliner Mauer fiel. Sie war in Hanoi, als Bomben fielen, in Israel im Yom Kippur Krieg. Sie war in der Hochzeit New Yorker Kultur in eben diesen Kreisen unterwegs, kannte die queere Szene ihrer Zeit, wenn sie sich mit einem Outing mindest so schwer tat, wie mit einem Bekenntnis zum Feminismus. Lediglich allerdings deswegen, weil sie um das Labelling in einer männlich konnotierten und straight orientierten Welt wusste. Sie war Zeugin großer Erfolge in Wissenschaft und Medizin, von den ersten Schritten ausgehend von Freuds Theorien bis hin zu einem neuen Verständnis der Gefährlichkeit von Drogen und Alkohol und revolutionären Ansätzen in der Psychologie. In einer geteilten Welt präsentierte sie ein gespaltenes, zutiefst mit sich ringendes, zweifelndes Selbst. Sie schuf große Texte und miserable. Sie versuchte, ihre empathische Unfähigkeit zu überwinden, was ihr zeitlebens nicht gelang und Großes zu leisten. Sie unterstützte die Bosnier in der Zeit des Krieges vor Ort und verhalf verfolgten Künstlern und Schriftstellern zu einem neuen Leben. Sie stellte sich gegen Interpretation und beschrieb die Metaphern unserer Zeit, um schließlich selbst zu einer zu werden.

Empfehlung!

© Marie van Bilk/Maria Jürgensen – Veröffentlichungen, auch in Auszügen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Autorin.

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