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Hermann Harry Schmitz‘ letzter Tag – Eine Variante

Wie das manchmal so kommt. Da recherchierte ich 2004 im Stadtarchiv zu Düsseldorf, was über Hermann Harry Schmitz zu finden war und fand nicht viel. Eigentlich fand ich nur seinen letzen, nur lückenhaft zu entziffernden Brief an seinen Herausgeber Victor M. Mai, den er am 7. August 1913 geschrieben hatte, also am Tag, bervor er mit seiner Browning eigenhändig ein entsetzliches Blutbad anrichtete. Für die Reinigung des nicht mehr zu vermietbaren Zimmers hatte die Familie Schmitz aufzukommen und ich konnte nicht herausfinden, ob die nach dem Streit um die Schadenssumme mangelhafte Reinigung schlussendlich die Schließung des Gasthofs Huttental in Bad Münster am Stein zur Folge hatte:

Mein lieber Herr Mai!
Ich glaube, ich habe mit meinem Telegramm eine Dummheit gemacht – verzeihen Sie meine Übertreibung – sagen Sie um Gottes Willen nichts von dem Telegramm. Die Korrektur des … habe ich soeben abgeschickt. Ich habe eine lange Sache geschrieben, die nur zum Teil brauchbar ist aber auch vor maximal … August etwas zu machen ist. Ich habe noch das Gefühl der Kritik. Ich komme in einigen Tagen zurück und wäre Ihnen dankbar, wenn ich Sie fragen könnte – mir müßte klar werden, wie die noch rückständigen Arbeiten zu ersetzen sind. Ich glaubte eine Form gefunden zu haben, habe mich aber getäuscht.

Capri Zum Kater Hiddegeigei

Capri – Zum Kater Hiddigeigei – 1886

Als ich nur wenig später einen Kurzurlaub auf der kleinen, Neapel vorgelagerten Insel Procida verbrachte, erinnerte ich mich an eine auf der Nachbarinsel Capri spielende Geschichte namens „Hiddigeigei“. So verwob sich, vermutlich mittels einiger Zitronenlikörchen, der grausige Selbstmord des rheinischen Dandys und der im Schmitz-Werk immer wieder als eine Art Gegenspieler auftauchende Toni Bender mit der Hoffnung auf ein besseres Ende der Geschichte. Freunde einer tunlichst realistischen Biographie mögen meine etwas ausufernde Fiktion in zwei Kapiteln und das ungebührliche Plündern einiger Motive und Namen verzeihen.

I. Die Entdeckung auf Procida

Als Giacomo Scotto – auf der Insel Procida heißen fast alle Familien Scotto oder Scotti – mir schon bei der zweiten Flasche Rotwein von seinem Großvater, dem Fischer, erzählte, brauchte ich kein Interesse mehr heucheln. Als er erzählte, dass dieser mehr als vom Fische fangen davon lebte, verbotenerweise Urlauber zwischen den Inseln Capri, Ischia und der Stadt Neapel hin und her zu fahren, wurde es spannend. Und als er, nachdem er hörte, dass ich aus dem Rheinland komme, mit der Geschichte begann, die ihm der Großvater auf dem Sterbebett anvertraute und er zwischendurch in einer Abstellkammer verschwand, um einen alten Koffer hervorzuholen, hatte er mich begeistert.

Sie war ganz kurz, die Geschichte und sollte im gebrochenen und deshalb nur lückenhaft verständlichen Deutsch erzählt, hier mit aller Vorsicht von mir wiedergegeben werden, doch anzweifeln will ich sie nur ungern.

Es wird wohl im August des Jahres 1913 gewesen sein, als ein Deutscher von auffallend hagerer Gestalt mit einem Koffer an seinem Boot gestanden hatte. Auf eine Insel fahren wollte dieser Mann, der sich per Visitenkarte als Toni Bender aus Düsseldorf vorstellte, doch keinesfalls durfte es Capri sein.

Da sich der Großvater sowieso entschieden hatte, seine Heimatinsel anzusteuern, nahm er ihn für ein paar Lire mit. Leider hatte der Großvater die Angewohnheit, mit jedem neuen und alten Freund oder Fahrgast eine seiner stinkenden Zigarren und mindestens eine Flasche Limoncella zu teilen, was er auch in diesem Falle tat. Leider hatte er auch nicht bemerkt, dass der dünne Deutsche wohl eine recht schwache Konstitution aufwies. So bekam dieser mitten auf dem Wasser und weit von jeder Hilfe entfernt, einen schrecklichen Hustenanfall und verstarb schließlich nur wenige hundert Meter von der Insel entfernt.

Wie gesagt, war Giacomos Großvater kein Fährmann, sondern Fischer. Wie gesagt, war es ihm untersagt, mit Fremden auf dem Meer herumzuschippern. So konnte er es sich auch nicht erlauben, mit der mageren Leiche erwischt zu werden. Nicht, weil er befürchtete des Mordes verdächtigt zu werden, vielmehr weil er die Missgunst der Fährmänner und damit das Ende seines eigenen Lebens fürchtete, wickelte er den Signore Bender kurzerhand mit einem Anker in ein altes Netz und warf ihn über Bord. Niemand würde ihn suchen und die, die ihn vermissen könnten, waren weit weg. Eine saubere und gerechte Lösung.

Der Koffer wurde als eine Art Heiligtum verstaut und durfte von niemandem angerührt oder gar geöffnet werden.

Bis heute, da ich aus unerfindlichen Gründen das Vertrauen des Giacomo Scotto erlangte oder nach all den Jahren einfach seine eigene Neugier über alle Pietät siegte.

Eine feierliche Stimmung entstand und ein weiterer Rotwein wurde geöffnet. Der mit gelblicher Leinwand überzogene, mit einer rücksichtslos aufgeleimten Nummer verunstaltete Koffer, er war recht schwer, lag auf dem Küchentisch. Vorsichtig öffneten wir ihn.

So hatte ich mir den Inhalt des Koffers nicht vorgestellt, der einem Italienurlauber im Sommer gehört hatte. Ein riesiger gummierter Umhang quoll uns entgegen, begleitet von einem Regenkragen, wie ihn auch mein Urgroßvater hinterlassen hatte. Dann ein Paar gelbe Stiefel und Hemden mit Troddeln am Hals und die damals wohl übliche Ledermappe mit umfangreichem Rasierzeug.

Viel mehr aber interessierte mich das, was ganz unten zu finden war, als die Textilien endlich neben dem Koffer auf dem Küchentisch lagen. Papier. Mit einer ziemlichen Sauklaue beschriftetes Papier, teilweise zusammengebunden und einige Blätter lose. Manuskripte eines Schriftstellers. Mir ging dieser Name durch den Kopf. Bender, Bender – er kam mir so bekannt vor, konnte ihn aber nicht einordnen.

Giacomo und ich setzten uns erst einmal, lehnten uns zurück, sagten nichts, tranken den Wein und blickten auf unser Werk. Wie viele Gläser das stille Schauspiel begleiteten, weiß ich nicht. Irgendwann fragte ich Giacomo, ob ich die losen Blätter bis zum nächsten Tag zum Lesen auf mein Zimmer nehmen dürfte, was mir mit einem stummen Nicken erlaubt wurde.

Ich schlich in mein Zimmer, setzte mich an den kleinen Tisch und las stockend, weil immer wieder Worte nicht erkennend, ratend, den Zusammenhang oft nur ungenügend begreifend und immer müder werdend. Mein Schreibblock und ein Stift mussten her. Ganz langsam, immer wieder von den stärker werdenden Auswirkungen des Weines gebremst, übertrug, interpretierte ich Wort für Wort in meine eigene Handschrift. Mein Hirn wurde mit jeder Zeile träger, doch setzte sich der Gedanke fest, dass ich hier auf dieser vom Tourismus vergessenen süditalienischen Insel auf eine sensationelle Spur gekommen war, auf die Spur des Hermann Harry Schmitz, der gar nicht verschollen war. Denn so, wie man es zu wissen glaubte, hatte er sich in einem deutschen Badeort an der Nahe das Leben genommen. 1913.

Wie lange ich brauchte, kann ich nicht sagen. Irgendwann vermischten sich die Schriften, die Namen, die Gedanken an die Sensation, an den Text und das Fertigwerden. Schließlich musste ich wohl während meiner Arbeit eingeschlafen sein.

Als ich erwachte, den dröhnenden Kopf langsam hob, klebte in Blatt meines Schreibblocks an meiner feuchten Wange. Trübe Erinnerungsfetzen kamen zurück. Ich hatte geschrieben. Es war zu überprüfen, ob ich zum Ende gekommen war. Ich sollte es vergleichen. Mit dem Original. Wo war nur das Original? Es lagen nur noch mein Block und mein Stift auf dem Tisch.

Der Name Toni Bender ging mir durch den Kopf.

Ich stand auf ging wie zum persönlichen Alibi in die Knie, kroch auf dem Boden herum, suchte alles ab. Nichts. Weg.

Ich sollte Giacomo suchen, doch wie sollte ich den Verlust der Originale erklären? Ach was, er hatte sie irgendwann selbst geholt, als ich schlief, um sie wieder in den Koffer zu legen. Logisch.

Mein italienischer Freund stand bereits hinter dem Tresen seiner Miniatur-Rezeption, schien von keinerlei Kater geplagt. Ehrlichkeit voran! Offen und mutig fragte ich nach einem kurzen „Bon Giorno“, ob der Koffer wieder gut verstaut wäre. Er schaute mich fragend an und meinte, mein Koffer sei doch in meinem Zimmer. „Nein, der Koffer, den wir gestern auspackten, der von dem Deutschen, dem Toten!“ Giacomo zeigte grinsend auf ein stattliches Grüppchen leerer Flaschen in der Ecke und sagte grinsend „Vino immer gut fur Fantasia.“

Das war es wohl.

Zurück in meinem Zimmer, schob ich das Buch der Katastrophen zur Seite, legte mich aufs Bett und las, was ich über Nacht geschrieben hatte. Abgeschrieben hatte?

II. Der Abschied des HHS – Die Abschrift?

Es war noch in der Mittagszeit. Zu solcher Stund den Telegraphenbeamten wach zu klingeln ist allemal notwendig, wenn ein Mann bestrebt ist, seinem Leiden mit der im Zimmer bereitliegenden Browning ein erlösendes Ende zu setzen und die Bekannten und Verwandten aufs Notdürftigste darüber zu informieren.

Der Nerven des Kopfes schmerzten seit Wochen. Häßliche Geschwüre machten sich an Orten breit, die anderen Menschen dienten, sich für das andere Geschlecht herauszuputzen oder einfach nur ihr Essen aufzunehmen. Ich war zerschunden, auch wenn Wasser und Luft in diesem Orte äußerlich und scheinbar so heilsam wirkten. „In tausend Himmeln“ wollte ich endlich sein, wenn das Telegramm zuhaus in Düsseldorf gelesen würde. Doch wurde mir Aufschub gewährt.

In der drückenden Hitze eines Augusttages schlich ich durch Bad Münster am Stein. Dort, wo sich in diesen Tagen Erholung, Verschlimmerung, Tod und Hoffnung die Hände reichten. Eine ähnlich dürre Gestalt wie die meine überholte mich mit leichtem Handgepäck und eiligen Schritten, blieb zwei Meter vor mir stehen, drehte sich um und fing unvermittelt das Gespräch mit mir an.

„Da fahre ich in dieses gottverlassene Kaff um mich zu verbergen, treffe ich unversehens meinen alten Freund.“ Ja, es war ein Freund, einer mit dem ich so manches Erlebnis und noch mehr Meinungsverschiedenheiten teilen durfte. Er wußte alles solcher Konsequenz viel besser als ich, daß andere schon vermuteten, ich hätte den Toni Bender nur als Widerpart erfunden. So sollen sie im Glauben bleiben. Er stand jedenfalls vor mir.

„Wo bist Du untergekommen?“ „Im Huttenthal.“ „Dann begleite ich Dich. Es wird dort wohl auch für mich ein Zimmer geben.“ So schnell ging das. Hundert Meter bis zum Gasthof reichten aus, um die ursächliche Geschichte der Flucht des Toni Benders mitzuerleben, weswegen er das Weite suchte und für einige Monate Düsseldorf, Köln und Bielefeld meiden mußte. „Mißverständnisse und Neidereien unter Frauenzimmern“ nannte er es kurz.

Ich hörte es mir an, ob des Weges keuchend. Dennoch begann ich mein akutes zu Sterben. Denn ein Plan, ein nicht unbedingt teuflischer, immerhin ein Plan reifte in mir.

Der Wirt war nicht im Hause. So schlich ich mit dem alten Freund, dem ich niemals trauen durfte, in meine Kammer. Ich offenbarte ihm, wie es um mich stand, doch hätte ich ihm ein hervorragendes Angebot zu machen, das ihm Sicherheit über viele Tage geben sollte. Zwischen all meinen durcheinander geworfenen Manuskripten fand ich schnell das hervorragende … der Luise Dumont, mit dem sie mir ein wunderbares Engagement in Wien verschaffte. Nun war es ein Leichtes, dem Toni klar zu machen, daß mir die Kraft für ein wochenlanges Auftreten fehlte und bat ihn, sich an meiner Stelle dort vorzustellen. Er müsse sich nur das eine oder andere einprägen und niemand würde einen Unterschied erkennen, zumal er wie ich in Österreich ganz unbekannt sei.

Zwei kleine Geschichten gab ich ihm zu lesen und ich wies ihn seinen Platz auf der Ottomane an. Der Einbruch war die eine und so schnell er meiner Anweisung folgte, mußte seine Angst vor den Weibsbildern und der eifersüchtigen Konkurrenz wahrlich groß sein.

Da saß er nun und lernte wie einst vor einer Prüfung. Ich nutzte die Zeit und schrieb einen Brief an den guten Mai, der von all dem was seine und meine Flucht bedeutete, nichts ahnen durfte. Sollte es gelingen, würde Toni schnell entlarvt und meine Freude, sollte ich sie noch erleben dürfen, wäre eine rechte Antwort auf die Bloßstellung, die er mir vor einigen Jahren in Caub verpaßte. Womöglich bin ich dann längst gestorben, doch will ich erneut versuchen, ob die Sonne Italiens mir doch noch einmal auf den weißen Anzug scheint, in dem ich mich eigentlich dem Uzarski in Marokko zeigen wollte.

So schrieb ich nun, während er weiter lernte, mit dem Telegramm von vorhin einen Fehler gemacht zu haben, von fertigzustellenden Geschichten in eiligem Ton und packte ein Päckchen mit einem an Mai bestimmten Manuskript.

Mein Brief war schnell verfaßt und mein Schauspielschüler sollte endlich vorsprechen.

Brav setzte sich der Toni auf die Chesälounge, das Buch aufgeschlagen auf den Knien und las vor. Er las wie ein ängstlicher Pennäler, fern von der ihm sonst so eigenen Fabulierkunst. Niemand mochte dieserart glauben, daß es seine eigenen Geschichten sein sollten. Ich entriß ihm das Buch und gebot ihm, auswendig zu reden. Was er nun tat.

Sachlich rezitierend, Absatz eins und Absatz zwei. Dann hielt er ein, stotterte mühevoll Absatz drei und verlor den Faden. Was tun?

Ich erklärte ihm im väterlichen Ton, er müsse sich gar nicht so fest an die Inhalte krallen, sondern erzählen, so wie ihm der Schnabel gewachsen sei. Er hatte es mir doch so glaubhaft bewiesen, daß er es könne, als er mir den Bären mit der Beflaggung für Turbine Muhlmann aufgebunden hatte. Die Geschichte solle ihm nur ein bloßes Gerüst darstellen und er solle nicht steif dahinter, sondern so wie später die Bühne im Wiener Theater, das ganze Zimmer mit all seinen Requisiten ausnützen. Dann sollte er sich denken, ich sei das ganze Publikum, das für ihn bezahlt hätte.

Nun hatte er es. Er wurde ich.

Er begann gelassen stehend mit der Einleitung, daß in der Nachbarschaft, ausgerechnet bei den Knitterbulls – hier verdrehte Toni erstaunlich geschickt die Namen des Originals – eingebrochen hätte. Anschaulich, schön und suspensiös. Mehr und mehr, das war mir sehr lieb, steigerte er sich in seine Rolle des Erzählers, des Hermann Harry Schmitz. Er wurde Teil der Geschichte und aus dem Einbruch in der Nachbarschaft entstand die Bedrohung für das ganze Haus. Mit allen ihn scheinbar begleitenden Familienangehörigen und dem Personal, ergriff auch ihn die Panik. Er simulierte Treppenauf- und –Abstiege über Stühlen, Tisch und Chesälounge, nahm gar selbst die ganz in der Nähe befindlichen Einbrecher schleichen. Waffen wurden ausgeteilt. Mein lieber Spazierstock mit dem silbernen Mohrenköpfchen als Knauf war ein im Triumph erhobenes Florett, das er nachdem dabei die gläserne Lampe zerschmettert war, an die erdachte Mutter übergab. Auf allen Vieren, so tat ich es nie, doch ich ließ mein alter Ego gewähren, kroch er durch die Stube, die Einbrecher angstvoll verfolgend.

Jede Schranktür, jedes Kommödchen, jedes Schublad wurde von ihm in seinem Wahn geöffnet und ich wollte die Szenerie schon als erfolgreich abgeschlossen beenden, ihn nach Wien entlassen, hatte er schon meine Browning in der Hand.

Hatte ich sie geladen? Sicher nicht. Oder doch?

Halt! rief ich und wollte ihn warnen, ihm die Waffe entreißen, doch das paßte im nicht in den Kram. Er erkannte keinen Freund mehr, stieg erneut auf das Polstermöbel und forderte mich auf, den Sack mit dem Tafelsilber niederzulegen und mich verhaften zu lassen. Dabei fuchtelte er mit dem Revolver herum, daß ich um mein Leben fürchtete, das eigentlich schon perdu gewesen war. Und um seine von mir nicht zu erfüllende Forderung zu unterstützen, trampelte er wie ein Irrwisch auf dem Polster herum, bis es nachgab und ein Fuß plötzlich in ein aufgerissenes Loch im Plüsch verschwand. Er mußte sich wohl in einer Sprungfeder verfangen haben, denn es dauerte Sekunden, bis er sich befreite und mit einem riesigen Satz vornüber zu Boden fiel. Nicht schlimm genug, löste sich ein Schuß. Nun war die gute Browning doch geladen gewesen. Der Schuß ließ im Nu alles erstarren und an der Stelle, wo einst Toni Benders der Damenwelt wohlbekanntes Antlitz leuchtete, war ein großes dunkles, zutiefst häßliches Loch gebrannt. Selbst die Tapete hinter ihm hatte dieselbe Färbung angenommen, wie auch sonst das ganze Zimmer in bedenklichem Zustand war.

So begab es sich, daß Toni Bender nicht an meiner statt nach Wien fahren konnte. Auch ich bin nicht hingefahren, denn meine ständige Krankheit hätte solche Anstrengungen zu schnell bestraft. Toni war mausetot. Nein, ich war mausetot und wer hätte die die paralysierten Züge des Leichnams anzweifeln können?

Seine Visitenkarten hatte er in der Verfolgungsjagd verloren und ich nahm sie mir zueigen. Ein paar Wochen sollten mir sicher noch gegeben sein, daß ich höchstens posthum enttarnt werden könnte. So war mein Italienkoffer schnell gepackt und der neue Toni Bender machte sich auf gen Italien. Aber es darf bloß nicht auf Capri enden, wo ich weder Pferd noch alte Frau sein möchte!

Der Abschied von meinem Namen war vollzogen, mein Lebensende noch nicht. Soll die Nachwelt doch vom geläuterten Hermann Harry Schmitz schwärmen, der Eulenberg endlich seine Rede halten und Vater dem Wirt die Renovierung zahlen.

© Dirk Jürgensen – Veröffentlichungen des Texts, auch in Auszügen, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors.