Medaillenspiegelei – Wie Deutschland wieder gut dasteht

von Dirk Jürgensen ...

Vom Nutzwert eines Medaillenspiegels

Dass derzeit die Paralympics in Sotschi ohne nennenswerte politische Meinungsäußerung der Athletinnen und Athleten stattfinden, ist ein nicht zu vernachlässigendes Thema. Der Hunger nach Bestätigung der eigenen Leistung macht aus Sportlern Egoisten. Dass zudem die deutschen Massenmedien immer dann ihre Kritik zurückfahren, wenn Medaillenerfolge „unserer“ Olympiamannschaft zu vermelden sind, verstärkt mein Unwohlsein und gibt mir Hinweise darauf, dass ein propagandistischer Erfolg der Spiele nicht von der Hand zu weisen ist. Bei vorliegendem Erfolg mag man nicht mehr die Umstände anprangern und bei einer Enttäuschung will man von ihnen auch nichts mehr wissen.

Die Olympiaflagge. Eigentlich zählt doch nur der eigene Erfolg.

Die Olympiaflagge. Eigentlich zählt doch nur der eigene Erfolg.

Totalitäre Regime und Demokratien nutzen den Medaillenspiegel gleichermaßen als Reklame für sich und ihre positive Ausstrahlung auf die Welt und noch mehr auf die eigene Bevölkerung. Wenn die Leistung im Sport stimmt, dann kann es mit dem Leid politischer Gefangener, der Unterdrückung von Minderheiten, der Einschränkung der Meinungsfreiheit und der rücksichtslosen Verhängung der Todesstrafe nicht so schlimm sein.

Wie gehen wir mit den uns vorgelegten Medaillenspiegeln um? Was sind sie uns wert und wie gehen wir mit der Ablenkung um, für die sie verwendet werden? Am Ende der Olympiade in Athen 2004 war das Wehklagen beispielsweise groß. Dort, so meldeten die Gazetten damals, hätten die deutschen Olympioniken jämmerlich versagt. Sie jammerten in einer Zeit, da sie uns gleichzeitig immer wieder in Bereichen der Politik und der Wirtschaft ein typisch deutsches Jammer vorwarfen, das uns am Aufschwung hindern sollte.
Ich konnte damals nur mit meiner Provokation unter dem Titel „Medaillenspiegelei – Wie Deutschland wieder gut dasteht“ reagieren und fühle mich heute aufgrund ihrer weiterhin bestehenden Aktualität bestätigt. Obwohl. Werden Medaillenspiegel überhaupt noch wahrgenommen? Weiterlesen

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